Eine riesiger Berg Fotos, stundenlange Aufnahmen von Interviews, lustige Erinnerungen an Mittagessen im See (ja, ihr habt richtig gelesen), ein kaputter Benz, morgendliches (und abendliches) Zähneputzen in einem Bürogebäude, inspirierende Gespräche, tolle Ideen für die Zukunft und Dankbarkeit für alle Menschen, die mit Herzblut dieses Projekt über 10 Jahre zu dem gemacht haben, was es heute ist.
Und jetzt? Was stellt man mit all diesem Material an? Und noch wichtiger – wie führt man all diese Gedanken und Ideen von Ehemaligen und Aktiven so zusammen, dass daraus konkrete Pläne für die Zukunft entstehen?
Als Fotografin bin ich ehrlich gesagt froh, nicht alles Material sortieren zu müssen, sondern nur einen rückblickenden Bericht zu schreiben.
Beginnen wir also ganz vorne. Diesen Sommer kamen aus bekannten Gründen ausnahmsweise keine Musiker zum Projekt, sondern das Projekt in Form einer Team-Delegation zum Orchester. Einen Monat fuhr das „jnp-Mobil“ (in wechselnder Ausführung) durch ganz Deutschland und machte in verschiedenen Städten halt, um einerseits Interviews mit Wegbegleitern der jnp zu führen und andererseits der aktuellen Generation bei gemütlichen Treffen im Park die Möglichkeit zu geben, sich trotz der momentanen Situation doch einmal wieder zu sehen und auszutauschen.
In wechselnder Besetzung (außer Konstantin, den man nach einem Monat Tourleben auch schon mal am helllichten Tag schlafend im Park antraf) fuhr das „jnp-Mobil“ durch Deutschland. Vier Fotografen:innen wechselten sich ab, um die Tour zu begleiten und die Interviewpartner für ein Jubiläumsbuch zu portraitieren. Da ich selbst zwei Sommerphasen bei der jnp mitgespielt habe, Oboe studiere und mir grade ein zweites Standbein als Fotografin aufbaue, freute ich mich riesig, meine Interessen im Rahmen dieser Aktion auf so elegante Art und Weise miteinander verbinden zu können. Die Freude wuchs noch mehr, als die Info kam, dass für den letzten Teil der Reise, den ich begleitete, ein alter Mercedes plus Wohnwagen mit von der Partie waren. Bei so einem Oldie gehört es dann aber eben auch mit zum Flair, dass er bei großer Sommerhitze und mehr als 2500 gefahrenen Kilometern in 5 Tagen den Geist aufgab und wir grade noch so auf den Parkplatz einer Autowerkstatt rollen konnten.
So viele Erlebnisse, so viele Geschichten – zu viele, um sie in einem Beitrag unterzubringen. Wir haben gesammelt, um sie nach und nach mit euch zu teilen. Ein paar Bilder sprechen aber hoffentlich schon für sich.
Jedoch sind wir nicht nur mit lustigen Anekdoten nach Hause gekommen, sondern vor allem mit viel Stoff zum Nachdenken. Es war faszinierend zu sehen, was für spannende Gespräche entstehen, wenn man einen Rahmen dafür schafft. Ab dem Moment, in dem die Aufnahme für ein Interview gestartet wurde, bekam das Gespräch eine ganz andere Tiefe und wir waren jedes Mal froh, den Weg auf uns genommen zu haben, egal wie weit er war.
Zu sehen, wie unterschiedlich Lebenswege verlaufen und wie jeder auf seine Art und Weise an das Leben heran geht und seinen Platz findet, war wahnsinnig schön und auf eine gewisse Art und Weise beruhigend.
Im Musikstudium bekommt man schnell das Gefühl, dass es nur den einen möglichen Weg gibt, den man erst einmal versucht zu gehen. Wenn das nicht funktioniert, scheint man versagt zu haben. Doch ich habe so viele unterschiedliche Geschichten wie Menschen kennen gelernt. Für den einen ist ein Platz im Musikkorps der Bundeswehr der perfekte Arbeitsplatz, die andere würde niemals eine feste Stelle wollen, sondern sich lieber eigene Projekte suchen. Die nächste kann ihre Fähigkeiten ohne Musikstudium viel besser entfalten und wieder ein anderer ist mit seinem klassischen Orchesterjob vollkommen glücklich. Es gibt nicht den einen Weg und vor allem gibt es nicht den besseren oder schlechteren. Ich glaube, dass für viele die jnp genau der Ort war, heraus zu finden, wo die eigenen Stärken jenseits der Musik liegen.
Und auch nur durch all diese vielfältigen Menschen und ihre Interessen konnte die jnp zu dem werden, was sie heute ist.
Den Mut zu schöpfen, etwas anders zu machen und zu sehen, wie sich eine neue Generation an Musikern entwickelt, die aus den gewohnten Mustern ausbrechen will, stimmt mich hoffnungsvoll. Was die meisten Lebensgeschichten gemeinsam hatten, war, dass sie keine gradlinigen Lebensläufe sind, sondern spannende Wege mit Höhen und Tiefen, Abzweigungen gesäumt von Ereignissen, auf die man reagieren muss oder zumindest kann.
Letztendlich ist ja auch diese Tour eine Reaktion auf ein Ereignis, das niemand hat kommen sehen. Ohne die Corona-Pandemie hätte sich niemals jemand einen Monat lang auf die Reise begeben, um Leute zu besuchen und Gespräche zu führen über das, was war und das, was kommen könnte. Und nie hätten wir diese vielfältigen Geschichten gehört und die Zeit gehabt, in Ruhe darüber nachzudenken, was in Zukunft aktiven und ehemaligen Mitgliedern geboten werden und vor allem mit ihnen entwickelt werden kann.
Ich glaube, dass diese Tour genau richtig war, um nach 10 Jahren erst einmal in Ruhe zuzuhören und Inspiration zu sammeln. In jedem Fall bin ich gespannt, was aus all diesen Geschichten und Anregungen wird und freue mich auf alles, was kommt.
Beitrag von Sophia Hegewald
Fotos von Sophia Hegewald